Humanitäre Katastrophe in Lipa: AWO sieht Mitschuld bei der EU
Ein Gastbeitrag des AWO-Bundesverbands
Die Arbeiterwohlfahrt kritisiert angesichts der humanitären Katastrophe im bosnischen Flüchtlingslager Lipa die Asylpolitik der EU scharf. Sie fordert kurzfristige Hilfe und ein Ende der Abschottungspolitik.
„Die humanitäre Notlage im Norden Bosniens steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abschottungspolitik der Europäischen Union. Geflüchteten wird die Sicherheit in der Europäischen Union verwehrt. Das ist unerträglich“, erklärt dazu Brigitte Döcker, Mitglied des AWO Bundesvorstandes.
Die EU sieht die bosnischen Behörden in der Verantwortung für die Situation vor Ort. Einseitige Schuldzuweisungen an Bosnien-Herzegowina griffen jedoch zu kurz, so die Arbeiterwohlfahrt. Bei solchen Zurückdrängungs-Aktionen würden schutzsuchende Menschen durch Angehörige des kroatischen Grenzschutzes in das Transitland Bosnien zurückgeschoben, ohne dass sie einen Asylantrag stellen konnten. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass diese Praxis mit EU-Recht vereinbar ist. Humanitär vertretbar ist sie aus Sicht der AWO in keinem Fall.
„Durch Zurückweisungen im Interesse der eigenen Abschottungspolitik hat die EU direkt zur humanitären Notlage in Bosnien beigetragen, da kann sie nicht die Verantwortung bequem auf Bosnien abwälzen. Die gewaltsame Praxis an der europäischen Außengrenze muss endlich wirksam unterbunden werden“, so Döcker, „Menschenrechtsverletzungen als Abschottungsstrategien führen europäische Grundwerte ad absurdum!“
Seit einer Räumung und einem Brand im Dezember vergangenen Jahres hat sich die Situation im bosnischen Flüchtlingslager Lipa unverändert zugespitzt. Rund 1.900 Menschen sind gezwungen, bei Temperaturen von minus 15 Grad Celsius im Freien zu schlafen. Nach Schätzungen sind etwa 10.000 Menschen aufgrund der EU-Abschottungspolitik in Bosnien-Herzegowina gestrandet. In Deutschland haben sich bereits über 200 Kommunen zu sicheren Häfen erklärt und stünden für die Aufnahme von Geflüchteten bereit.
„In Anbetracht der humanitären Katastrophe müssen die Schutzsuchenden umgehend aus Bosnien-Herzegowina evakuiert werden“, fordert Döcker abschließend, und ergänzt: „Daneben braucht es aber auch eine langfristige und tragfähige Lösung, die den europäischen Grundwerten Flüchtlingsschutz, Achtung der Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit gerecht wird. Die Ächtung und wirkungsvolle Verhinderung der Zurückdrängungen ist hierbei ein erster und überfälliger Schritt.“